Am meisten faszinierte das Team um Rebecca Saxe, dass das geschieht, wenn Aufgaben gelöst werden, die mit Sprache zu tun haben. Details der Studie wurden in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.
Neue Fähigkeiten erwerben
Saxe erklärte, dass diese Ergebnisse zuerst nicht plausibel erschienen. Denn bisher war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass der visuelle Kortex bei sprachlichen Aufgaben keine Rolle spielt. Sie lud daher Sehende und von Geburt an Blinde ein, sich Texte anzuhören während sie im MRI-Scanner lagen. Es zeigte sich, dass sich die Sprache verarbeitenden Zentren des Gehirns aller Teilnehmer fast identisch verhielten.
Blinde am Bahnhof Zürich (Archiv). /


Die Aktivität des visuellen Kortex war jedoch bei den blinden Teilnehmern deutlich höher.
Auch Evelina Fedorenko, eine Mitautorin der Studie, war sehr erstaunt. «Es gibt einen Bereich des Gehirns, der von Geburt an eine bestimmte Aufgabe hat. Er ist jedoch in der Lage, neue Fähigkeiten auf sehr hohem Level zu erwerben, die eine sehr hohe kognitive Leistung verlangen.» Fedorenko geht davon aus, dass blinde Menschen, die durch ihren visuellen Kortex eine Verstärkung erhalten, bei sprachlichen Aufgaben besser abschneiden könnten als Sehende.
Gehirn verändert sich spontan
Amir Amedi von der Hebrew University of Jerusalem betont, dass diese Art der Flexibilität des Gehirns bereits bekannt ist, berichtet der NewScientist. Frühere Studien hätten gezeigt, dass das Gehirn eine neurale Region, die für einen Sinn wie Sehen, Riechen oder Hören bestimmt ist, auch für einen anderen nutzen kann. Das sei zwar an sich schon faszinierend, das Entscheidende an der aktuellen Studie sei aber, dass sich das Gehirn spontan verändert, nur weil ein Mensch ohne die Fähigkeit zu sehen geboren wurde.