Wie der EGMR in seinem Entscheid vom Freitag festhält, haben die Beschwerdeführer in ihren Klagen gegen die Schweiz nicht behauptet, dass der Verfassungszusatz mit dem Minarett-Bauverbot irgendeine konkrete Auswirkungen auf sie haben könnte. Sie hätten lediglich gerügt, sie würden in ihren religiösen Überzeugungen verletzt.
Kein konkretes Bauprojekt
Nach Ansicht der Richter in Strassburg können sie damit aber nicht als unmittelbare Opfer einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) betrachtet werden. Auch eine indirekte oder potentielle Opferstellung sei zu verneinen.
Der Gerichtshof hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die Urheber der Beschwerden nicht argumentiert hätten, in nächster Zeit den Bau einer Moschee mit Minarett zu planen. Die blosse Möglichkeit, dass sie dies in fernerer Zukunft tun könnten, reicht laut EGMR nicht aus.
Weiter hält der Gerichtshof fest, dass die Schweizer Gerichte in der Lage sein würden, zu prüfen, ob die allfällige Ablehnung einer Baugenehmigung für ein Minarett-Projekt mit der EMRK vereinbar wäre.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. /


Die Beschwerden seien damit insgesamt für unzulässig zu erklären. Der Entscheid aus Strassburg ist endgültig.
Gelassene Reaktion der Urheber
Der Urheber der ersten Beschwerde, Hafid Ouardiri, reagierte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda «positiv und gelassen» auf das Strassburger Urteil. Auch wenn der Gerichtshof die Beschwerden für unzulässig erklärt habe, habe er etwas in Bewegung gesetzt, indem er die Schweiz an ihre Pflichten erinnert habe.
Auch die Langenthaler Muslime verstehen das Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs als eine Aufforderung an die Schweizer Justiz. Diese müsse der Europäischen Menschenrechtskonvention Vorrang vor der Bundesverfassung geben.
Als «natürlich erfreut» bezeichnete sich auf Anfrage der Präsident des Initiativkomitees des Minarett-Volksbegehrens, der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann. Das Strassburger Gericht habe ja auch gar nicht anders entscheiden können.