Business-Kunden konnten sich bisher fast blind auf den Dienst verlassen. Nun verteilt RIM zur Entschuldigung kostenlose Apps - doch sprechen die überhaupt den typischen Blackberry-Nutzer an?
Mangelnde Kommunikation war nicht das Problem
Zumindest den Vorwurf mangelnder Kommunikation kann man RIM nicht machen: Während der rund vier Tage währenden Ausfälle des Blackberry-Dienstes informierte RIM seine Kunden stets über den aktuellen Status und die schrittweise Wiederherstellung des ausgefallenen Blackberry-Dienstes. Dass diese Schritte zu Wiederherstellung für viele Business-Kunden zu langsam waren, dürfte kein Geheimnis sein. Gerade im Geschäftsleben muss ein Maildienst bestenfalls nonstop 24 Stunden funktionieren und wenn, dann sind Unterbrechungen nur in sehr kurzen Zeitfenstern und nur nach vorheriger Ankündigung überhaupt tolerabel.
Die Verlässlichkeit der Dienste war bisher ein zentrales Argument von RIM im harten Konkurrenzkampf. Umso schlimmer war die Panne für das Ansehen. Erste Erhebungen des Forschungsinstituts YouGov zeigten einen deutlichen Rückschlag für die Marke. Der kurzfristige «Buzz»-Indikator im «YouGov-BrandIndex», der angibt, in welchem Ausmass eine Marke aktuell positiv oder negativ im Gespräch ist, brach ein. So fiel der Indexwert in Deutschland von +50 Punkten Ende September auf nur noch +14 Punkte und in Grossbritannien sogar von + 30 auf -60 Punkte. Die RIM-Aktie gab zum Handelsstart in New York am Montag um rund 2,4 Prozent auf 23,40 Dollar nach.
Hat RIM noch den typischen Business-Nutzer im Blick?
Dass RIM sich in irgend einer Form bei den weltweit rund 70 Millionen Kunden erkenntlich zeigen muss, um seine Stammkundschaft nicht endgültig zu vergraulen, schien offensichtlich. Firmenkunden können den Dienst zum Ausgleich für die Panne einen Monat lang kostenlos nutzen.
Blackberry kämpft mit Gratis-Apps um Kunden. /


Anwender, die den technischen Support gebucht haben, können diesen einen Monat länger als üblich nutzen und Interessenten erhalten bei Buchung des technischen Supports diesen einen Monat lang gratis. Beim zweiten Teil des Versöhnungsangebots stellt sich allerdings die Frage, ob RIM tatsächlich die Bedürfnisse seiner Stammkundschaft im Blick hat. RIM gab heute bekannt, ein App-Paket, das regulär rund 100 US-Dollar wert sein soll, bis zum Jahresende kostenlos nutzbar sein soll.
Schaut man sich das App-Paket allerdings genauer an, findet man überwiegend mobile Spiele darin. «Sims 3» und «Texas Hold'em Poker 2» sind die bekanntesten davon. Aber auch die restlichen Apps werden Business-Kunden kaum vom Sitz reissen. Der «Photo Editor Ultimate» wäre immerhin eine einigermassen ernsthafte Anwendung für Nutzer, die auf dem Blackberry eigene Fotos nachbearbeiten möchten.
Kaum produktive Anwendungen im Entschuldigungsangebot
Die angebotenen App «DriveSafely Pro» liest während der Autofahrt Mails und SMS vor und nimmt diese in gesprochener Form entgegen. Die einzelne App kostet normalerweise rund 20 Dollar, ein Paket mit 10 Lizenzen, das normalerweise knapp 80 Dollar kostet, ist ebenfalls Bestandteil des Geschenks. Auch «Vlingo Plus» ist eine Sprachsteuerung für den Blackberry während der Autofahrt. «Nobex Radio - Premium» ist eine Streaming-App für Webradios, «Shazam Encore» dient dazu, Musik zu erkennen und Freunde darüber zu informieren. Echte Businessanwendungen sucht man im Entschuldigungsgeschenk vergebens.
Ob langjährige Business-Nutzer sich mit diesem Angebot wirklich abspeisen lassen, bleibt abzuwarten. Vielleicht braucht RIM auch noch deutlichere Unmutsbezeugungen seiner Nutzer in den nächsten Tagen, um über eine echte Entschädigung nachzudenken.