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Jeder Zehnte arbeitet in der Schweiz für einen TieflohnBern - In der Schweiz arbeitet mehr als jeder zehnte Arbeitnehmer für einen Tieflohn, der selbst bei einer 100-Prozent-Stelle oft nicht zum Leben reicht. Besonders betroffen sind Frauen.ga / Quelle: sda / Donnerstag, 28. Februar 2013 / 11:18 h
Dies zeigt eine Studie der Universität Genf im Auftrag des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Bei mindestens 437'000 Betroffenen liege der Lohn unter der sogenannten Tieflohnschwelle von 3986 Franken im Monat, erklärte SGB-Präsident Paul Rechsteiner vor den Medien in Bern.
Der Bund war bisher von tieferen Zahlen ausgegangen. Er bezog jedoch laut SGB weder Arbeitende in der Land- und Hauswirtschaft noch die Angestellten von Kantonen und Gemeinden mit ein.
Rechnet man diese Arbeitnehmer ebenfalls dazu, wie es bei internationalen Standards üblich sei, so betrage die Zahl der Tieflohnbezüger rund eine halbe Million, sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Bei rund vier Millionen Lohnbezügern in der Schweiz würde also gar jeder Achte für einen Tieflohn arbeiten.
«Lehrabschluss keine Garantie für anständigen Lohn» Mehr als ein Drittel der Tieflohn-Beschäftigten haben laut der Studie der Universität Genf eine Berufslehre absolviert. Für den SGB stellen diese Zahlen dem Schweizer Arbeitsmarkt ein miserables Zeugnis aus: «Eine Berufslehre ist keine Garantie mehr für eine Stelle mit einem anständigen Lohn», sagte Rechsteiner. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind dabei eher weniger von Tieflöhnen betroffen. «Mehr als drei von vier Tieflohnbezügern mit Lehrabschluss sind über 25 Jahre alt», erklärte Lampart. Am höchsten ist der Anteil von schlecht bezahlten Angestellten laut der Studie im Gastgewerbe, wo 33 Prozent aller Tieflohnbezüger mit Lehre tätig sind.Detailhandel am stärksten betroffen Angestellte mit und ohne Lehre zusammen gerechnet, ist besonders der Detailhandel von Tieflöhnen betroffen. Gemäss der Studie arbeitet jeder Fünfte Tieflohnbezüger in dieser Branche. Dahinter folgt das Gastgewerbe mit 14 Prozent, aber auch Angestellte von Coiffeursalons oder Apotheken arbeiten laut Lampart oft für sehr tiefe Löhne. Dass grosse ausländische Detailhandelsketten die Margen absahnen und die Gewinne nicht an ihre Angestellten weitergeben, sei besonders stossend, sagte der SGB-Chefökonom weiter.Jeder zehnte Arbeitnehmer arbeitet für einen Tieflohn. /
Bedenklich sei, dass gerade die Besitzer dieser Ketten sich auf dem Rücken ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine goldene Nase verdienten. Frauen verdienen weniger als Männer «Insbesondere Frauen werden im Detailhandel zu tiefe Löhne bezahlt», sagte Rechsteiner. Als Beispiel nannte er die Schuhverkäuferinnen. Diese würden oftmals für einen Lohn unter 4000 Franken arbeiten, der «schlicht nicht zum Leben reicht». Auch verdienten Frauen im Detailhandel monatlich rund 630 Franken weniger als ihre männlichen Kollegen. Und damit nicht genug des Ungemachs für Frauen: Laut Studie arbeiten über alle Branchen hinweg gerechnet rund 16 Prozent aller werktätigen Frauen für einen zu tiefen Lohn. Bei den Männern beträgt der Anteil 6 Prozent. Die Tieflohnquote liegt damit bei den Frauen rund 2,5 mal höher als bei den Männern. In der EU liegt die Quote im Vergleich dazu bei 1,5.«Skandal für die reiche Schweiz» «Tieflöhne sind eines der grössten sozialen Probleme der Schweiz», resümierte Unia-Co-Präsidentin Vania Alleva die aktuelle Situation. Tieflöhne seien «ein Skandal für die reiche Schweiz». Um diesen Missständen etwas entgegenzusetzen, hat der SGB die Mindestlohninitiative ins Leben gerufen. Mit der vor rund einem Monat vorgestellten Botschaft des Bundesrates zur Initiative ist der SGB nicht zufrieden. Rechsteiner wirft dem Bundesrat vor, an der «sozialen Realität in der Schweiz» vorbeizuschauen, weil er das Tieflohn-Problem nur mit Gesamtarbeitsverträgen bekämpfen will. Der Ball liegt nun beim Parlament: Es wird in der Frühlingssession über das Geschäft beraten. Die Studie der Universität Genf wurde vom SGB in Auftrag gegeben. Als Basis diente den Studienverfassern die Lohnstrukturerhebung 2010 des Bundesamt für Statistik (BFS).
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