Die zwei Initiativen aus der Feder Chaabans wurden am Dienstag in Buchs von einem Komitee vorgestellt, dem keine Politiker angehören. Begründet wird das Engagement für einen verschärften Strafvollzug etwa mit dem Fall der ermordeten Genfer Sozialtherapeutin.
Eines der beiden Volksbegehren will Richter und Gutachter persönlich für Fehlentscheide zur Verantwortung ziehen: Sie verlören ihr Amt oder ihre Arbeit, wenn es zu einer Tötung, einer schweren Körperverletzung oder einer Vergewaltigung durch einen verurteilten Täter kommt.
Bei einem Täter, der zum Zeitpunkt der Verurteilung als gefährlich und rückfallgefährdet galt, der aber frühzeitig entlassen und daraufhin rückfällig wird, soll die zuständige Behörde für die Folgen haften.
Darüber, ob es sich um eine strafrechtliche oder eine zivilrechtliche Haftung handelt, sagt der am Dienstag im Bundesblatt veröffentlichte Text zum Volksbegehren indessen nichts aus.
Die Behörde wäre aber verpflichtet, dem Opfer oder Angehörigen eine Entschädigung und Genugtuung zu bezahlen. Wie sich diese Haftung von der geltenden Staatshaftung unterscheidet, ist nicht präzisiert.
Register gefordert
Die zweite Initiative verlangt die Einrichtung eines gesamtschweizerischen Registers über rechtskräftig verurteilte Sexual- und Gewaltstraftäter. So sollen die Fahndung nach gefährlichen Tätern erleichtert und Fehler bei der Einschätzung der Gefährlichkeit wegen fehlender Informationen vermieden werden.
Im Register sollen rechtskräftige Urteile, Täterinformationen, Urteilsgrundlagen und Urteil sowie detaillierte Angaben zum Vollzug verzeichnet sein. Zugriff sollen Polizei, Richter, Staatsanwälte, Gutachter, Anwälte und Institutionen des Straf- und Massnahmenvollzugs haben. Die Informationen würden nicht gelöscht.
Chaaban zuversichtlich
Die beiden Initiativen haben der formellen Vorprüfung durch die Bundeskanzlei standgehalten. Die Sammelfrist läuft bis zum 29.
Es sollen zwei neue Volksbegehren ins rollen gebracht werden. (Symbolbild) /


Oktober 2015. Anita Chaaban ist zuversichtlich, Geld für die Sammlung der Unterschriften und schliesslich die nötigen Unterschriften zusammenzubringen.
Sie kämpfe nicht um politisches Ansehen, es sei ihre innere Überzeugung, das Richtige zu tun, sagte Anita Chaaban vor den Medien. Es sei ihr bewusst, dass ihre sogenannte Haftungs-Initiative von verschiedenen Stellen bekämpft werde. Die Fälle, bei denen Täter in der Schweiz wiederholt getötet hätten, würden sie aber bestärken.
Chaaban ist 1998 politisch aktiv geworden, nachdem ihr Patenkind von einem Wiederholungstäter vergewaltigt und beinahe getötet worden war. Der Täter kommt in wenige Monaten frei, wie Chaaban sagte. Ihre beiden neuen Initiativen hätten in «ihrem» Fall keine Auswirkungen; denn der Täter sitze in Österreich ein, sagte sie.
Experten zweifeln Initiativen an
Bei Rechtsexperten löst die Haftungs-Initiative von Anita Chaaban Kopfschütteln aus. Nach Ansicht des Basler Verwaltungsrechtlers Markus Schefer stehen mit dem Volksbegehren elementare Verfahrensgarantien auf dem Spiel, wie er gegenüber der sda sagte.
Auch die Register-Initiative ist nach Schefers Ansicht verfassungs- und menschenrechtlich nicht unbedenklich. Er sieht vor allem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, wenn Registerdaten niemals gelöscht werden dürfen. Diese EMRK-Garantie verlangt, dass nur relevante Daten gespeichert werden.