Paris - Der französische Ex-Präsident Jacques Chirac muss wegen einer Veruntreuungs-Affäre aus den 90er Jahren nun doch vor Gericht. Das entschied die zuständige Untersuchungsrichterin Xavière Siméoni in Paris. Sie widersetzte sich damit der Staatsanwaltschaft.
Diese hatte die Einstellung des Verfahrens gefordert. Chirac wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Bürgermeister von Paris Parteifunktionäre aus der Rathauskasse finanziert zu haben.
«Chirac ist gelassen und wird vor Gericht darlegen, dass es sich in keinem Fall um Scheinbeschäftigungen gehandelt habe», teilte das Büro des Ex-Präsidenten mit. Es ist das erste Mal, dass sich ein französischer Ex-Präsident vor Gericht verantworten soll. Die Staatsanwaltschaft kann gegen die Entscheidung der Richterin noch in Berufung gehen.
De Ex-Präsident Jacques Chirac muss wegen einer Veruntreuungs-Affäre aus den 80er Jahren nun doch vor Gericht. (Archivbild) /

Zwei frühere Kabinettsdirektoren
Chirac konnte wegen seiner Immunität als Präsident bis Juni 2007 nicht juristisch belangt werden. Neben Chirac sollen sich auch zwei seiner früheren Kabinettsdirektoren sowie sieben der mutmasslichen Scheinbeschäftigten vor Gericht verantworten.
In seiner Zeit als Bürgermeister von Paris hatte Chirac 481 «Projektleiter» eingestellt. Nach Ansicht der Untersuchungsrichterin besteht in 35 Fällen der Verdacht, dass die Beschäftigten nicht für die Stadt Paris arbeiteten, sondern sich um Chiracs RPR-Partei kümmerten und somit seine Präsidentschaftskandidatur vorbereiten.
Einen Teil der Verträge habe er als Belohnung an verdiente Unterstützer vergeben. Der Stadt Paris sei ein Schaden in Höhe von fünf Millionen Euro entstanden. Vor Gericht sollen 21 der umstrittenen Fälle behandelt werden. Die übrigen sind mittlerweile verjährt.