et / Quelle: news.ch / Montag, 14. Januar 2013 / 13:54 h
Die Vergewaltigung einer jungen indischen Studentin, an deren Folgen sie schliesslich starb, hat ein international beachtetes Schlaglicht auf die Frauenfeindlichkeit der indischen Gesellschaft geworfen. In dieser werden Töchter als unnötige Last betrachtet, die am besten schon vor der Geburt beseitigt werden und danach nur als stete Gefahr für Familienehre (sollten sie vergewaltigt werden) oder -vermögen (wegen der Mitgift, die für sie fällig ist) betrachtet werden.
Doch der Tod von Jyoti Singh Pandey ist nur einer von ungezählten und vielfach ungenannten, die in Indien alltäglich waren und immer noch sind. Der Vernichtungsfeldzug gegen Frauen - am liebsten ungeborene - ist unterdessen schon bis Europa vorgedrungen, wo im Kosovo, in Albanien und in Montenegro weibliche Föten zahlreich abgetrieben werden. Um dies zu wissen braucht es nicht einmal Zeugenaussagen und erwischte Gynäkologen - die Zahlen sprechen für sich. Das Verhältnis geborener Jungen zu 100 Mädchen beträgt 112 (Albanien), 110 (Kosovo) und 109 (Montenegro) - eine ganz klare Abweichung zum normalen 105 zu 100 Verhältnis.
Da die Frauen in diesen Gesellschaften aber ohnehin als minderwertig betrachtet werden, führt die Verknappung des «Gutes Frau» keineswegs zu deren Aufwertung, wie dies von Marktökonomen einst vermutet wurde. Stattdessen werden Mädchen entführt, zwangsverheiratet, vergewaltigt und prostituiert. Zu allem nehmen auch die Selbstmorde unter Frauen zu - wen wunderts.
Dieses Femizid ist allerdings auch ins Herz von Europa vorgedrungen, wo vor allem unter asiatischen Einwanderern ein verdächtiges Geschlechter-Ungleichgewicht herrscht. Speziell in Grossbritannien und Norwegen, wo es sich bereits Parallel-Kulturen entwickelt haben ist das Problem statistisch bereits belegbar.
Proteste in Indien: Wandel durch Menschenrechte für Frauen? /


Die EU wären nun also gefordert, diesem Phänomen nachzugehen, denn es handelt sich ja um illegale, nicht medizinisch indizierte und nachterminliche Abtreibungen aus unethischen Gründen. Doch da in EU-Kandidatenstaten Abtreibung und die damit verbundenen Regelungen eine Sache der Innenpolitik ist, kann auf Albanien oder den Kosovo kein Druck ausgeübt werden.
Die grösste Chance wäre es aber vermutlich ohnehin, die Einstellung der Menschen zu ändern. Dass dies scheinbar geht, zeigt sich in Südkorea, wo das in junger Vergangenheit bedenkliche Verhältnis von 115 zu 100 durch intensive staatliche Kampagnen auf wesentlich bessere 107 zurück gebracht werden konnte.
Wie erfolgreich eine solche Kampagne in Indien sein könnte, wie schnell diese greifen würde, ob so eine Initiative in muslimischen Ländern überhaupt möglich wäre - dies sind alles gute Fragen.
Wir haben uns hier mühsam während über 200 Jahren aus dem mörderischen Morast der patriarchalischen Ständegesellschaft hinaus gekämpft und dies immer mit dem Gedanken an die allgemeinen Rechte des Menschen als Prinzip. Ein Engagement für die Frauen in Indien und anderen patriarchalisch geprägten Staaten muss deshalb als ein Engagement für die Menschenrechte an sich geführt werden - immer auch mit dem Blick auf uns selbst und die Verwicklung globaler Konzerne in ausbeuterische Praktiken von denen wir durch billige Produkte profitieren. Denn weder Geschlecht, Alter, Ethnie noch Glaube dürfen bei diesen Rechten eine Rolle spielen.
Setzte sich dieser Gedanke endlich durch (und auch in unserer Gesellschaft wird dieser immer wieder angegriffen) würden sich viele Probleme von selbst lösen. Ein schöner Traum? Sicher. Aber garantiert einer, für den es sich zu engagieren lohnt. Sowohl vor unserer Haustüre, als auch auf der anderen Seite der Welt.