asu / Quelle: news.ch / Dienstag, 1. Juni 2010 / 11:39 h
In einer Geschichtsstunde während meiner Studienzeit verwandelte sich mein Filzschreiber in ein Artilleriegeschoss, weil ich besagtes Schreibwerkzeug nur an der Kappe mit der Hand festhielt und ich durch eine enthusiastisch-rasante Aufstreckbewegung meinen Geschichtslehrer beinahe zielmarkierte.
Noch heute erinnern sich meine damaligen Schulfreunde ebenso mit Humor an meine vermeintliche Attacke, wie an den Umstand, dass ich vom griechischen Mythologie-Unterricht seinerzeit etwa gleich viel verstand, wie eine Kuh vom Liebesleben der Pflastersteine. Jetzt kann ich mich in der Rolle von Kratos selber an den griechischen Göttern für die trostlosen Geschichtsstunden rächen.
Gigantismus pur
Der Abschluss der God of War-Saga beginnt mit Kratos‘ Erstürmung des Olymps, zusammen mit den entfesselten Titanen. Schon der Beginn dieses Abschnitts lässt meine Kinnlade nach unten sausen. Wie atemberaubend gigantisch alles aussieht! Wie diese Kolosse den Berg emporsteigen, dabei Felsen und Steine zerbröseln, und diese daraufhin in die Tiefe donnern!
Während ich in der Rolle des Spartaners die Helfer der Mächtigen des Olymps verprügle, schaukelt, rumpelt und bebt die gesamte Umgebung. Meine Kampfarenen sind Gaias überdimensionale, felsige, baumbewachsene Schultern und Arme. Auf spektakuläre Weise befreie ich sie schliesslich aus den Fängen von Poseidon.
Alles ist perfekt animiert und die Geräuschkulisse verleiht mir das Gefühl, ein nicht enden zu wollender Bergsturz bricht über mich herein. Noch nie erfuhr ich griechische Mythologie derart „hautnah“! Im Hintergrund erkenne ich darüber hinaus weitere bergwärts kletternde Titanen. Was für ein beeindruckender Einstieg in dieses actiongeladene Abenteuer!
Prügelnd ans Ziel
Kratos‘ Rachefeldzug gegen die Mächtigen des Olymps ist das leitende Motiv über das gesamte Game hinweg. Mit der Flamme von Olympus will er Zeus und seine Götterhorde ein für allemal vom Thron stürzen. Um an sie zu gelangen, muss er Heerscharen von Gegnern verkloppen und sich in mehreren noch nie gesehenen gewaltigen Bosskämpfen behaupten, die jeweils gleichzeitig in einen Höhepunkt des Geschehens gipfeln.
Wellness für Auge und Ohr
Ja, die Designer der Sony Studios Santa Monica haben ganze Arbeit geleistet: Mit der meisterhaften Beleuchtung, dem intelligenten Einsatz von Licht und Schatten und den Spiegelungen, vermitteln sie dem Spieler gekonnt Stimmungen und Emotionen, welche Kratos‘ unterschiedliche Einsatzorte hervorrufen.
Die farbenprächtige, atmosphärische Odyssee lässt mich öfters innehalten, um zu staunen und zu geniessen. Da sieht man im Hintergrund wütende Tornados oder ein Vulkanausbruch, der eine halbe Stadt in die Luft fliegen lässt. Noch nie ist mir ein derart bildgewaltiges Action-Adventure untergekommen! Die epische Musik und die bombastische Soundkulisse vervollkommnen natürlich das Ganze.
Kein Spiel für Minderjährige und Pazifisten
So opulent die Optik des Games daherkommt, so blutrünstig tritt mancherorts Kratos‘ Rachgier gegen die göttlichen Herrscher in Szene. So wird Helios‘ Rübe amputiert, Hades in Stücke zerlegt, das Auge von Zyklopen „abgepflückt“ und zerfetzt oder dem Götterboten Hermes die magischen Stiefel per Klinge „ausgezogen“. Die Gewalt im Spiel steht keineswegs im Mittelpunkt, aber ein striktes Jugendverbot ist für diese Action sicherlich angebracht, nicht zuletzt auch deshalb, weil das Spiel ausserdem eine Passage bietet, in der Kratos mit der verführerischen Liebesgöttin Aphrodite ein ziemlich knuspriges „Backe-backe-Kuchen“ spielt.
Interaktive Steuerung im Spiel
Weil das Game gleichzeitig eine Geschichte erzählt, setzt es zwischendurch auf Interaktivität, die besonders bei der Bezwingung der ganz grossen Kaliber zum Zug kommt. Dazu erscheint jeweils kurz eines der vier typischen Joypad-Symbole an den Rändern des Bildschirms, die der Spieler entsprechend der Vorgabe und in der richtigen Reihenfolge, per Eingabegerät tätigen muss, bis eine Sequenz das Ende eines Bosses anzeigt und die Story weiterführt.
Spezielle Moves erlauben Kratos, auch mit besonders tückischen Feinden fertig zu werden.
Kein Gegner ist zu gross für Kratos: God of War 3. /


Steht eine derartige „Sonderbehandlung“ an, erfolgt die entsprechende Anzeige für die korrekte Steuerung ebenfalls live am Bildschirm. Eine individuelle Lenkung der Kamera ist auch im 3. Teil von God of War nicht möglich. So bleibt eine frei wählbare Sicht auf Hintergrundabläufe dem Spieler nach wie vor verwehrt. Eigentlich schade.
Mittel zur Erhaltung der Gesundheit
Mit dem Fortgang der Geschichte ergattert Kratos diverse magische Waffen, die jeweils in 5 Stufen verstärkt werden können. Dazu benötigt Kratos rote Seelenorbs, die er von getöteten Gegnern sammelt, und die er für das Waffenupgrade eintauschen kann. In Kisten, die immer wieder anzutreffen sind, gibt’s grüne Orbs, welche verlorene Lebensenergie zurückgeben, oder blaue Orbs, die zur Aufbesserung der magischen Energievorräte dienen. Auch andere Goodies können für unseren Krieger zusätzlich entdeckt werden.
Das ganze Action-Abenteuer kann vom Spieler in drei Schwierigkeitsstufen angegangen werden: Leicht, normal oder schwer, wobei letztere Variante nur für Masochisten in Frage kommen dürfte. Das Game ist ausserdem ziemlich linear gestrickt. Es enthält eine faire Autosave-Funktion. Manuelles Speichern bietet das Game an diversen Orten ebenfalls an.
Fazit
God of War 3 ist ein wahrer Augenöffner, keine Frage, und setzt in mancher Hinsicht neue Massstäbe. Für das Spiel kitzeln die Entwickler des Santa Monica Studios aus der Technik der PS3 alles heraus, was die Hardware hergibt. Auch inhaltlich überzeugt der Abschluss der Kriegsgott - Trilogie. Den erwachsenen Spieler erwartet grandiose, spannende und höchst abwechslungsreiche Unterhaltung während einer gesamten Spieldauer von etwa 15 Stunden. Ein guter Wert. Und trotzdem noch sicher: Man verpasst höchstens drei Mahlzeiten, wenn man sich zu sehr in diesem grandiosen Abenteuer verliert. Kleine Mankos, wie beispielsweise die nicht autonome Kamerasteuerung sind zwar bedauerlich, trüben den Spielspass aber nur unwesentlich.