Laut Widmer-Schlumpf haben Bundesrat und Parlament das von den Initianten aufgeworfene Problem erkannt: «Eine bessere Bekämpfung der Ausländerkriminalität ist ein wichtiges Anliegen», sagte die Justizministerin am Montag zum Auftakt der Abstimmungskampagne.
Der Gegenvorschlag übernimmt deshalb das Hauptanliegen der Initianten, für eine einheitlichere und konsequentere Praxis der Kantone bei der Wegweisung von straffälligen Ausländern zu sorgen. Hingegen wählte das Parlament einen anderen rechtlichen Weg, dieses Ziel zu erreichen.
Umfassender als SVP-Deliktsliste
Anstatt sich auf eine abschliessende Deliktsliste abzustützen, wie es die SVP vorschlägt, ist beim Gegenvorschlag die Schwere der Tat massgebend für den Entzug des Aufenthaltsrechts. Vorgesehen ist der Landesverweis, wenn ein Ausländer oder eine Ausländerin wegen einer Straftat verurteilt wurde, für welche das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr androht.
Der Vorteil dieser Lösung ist laut Widmer-Schlumpf, dass sie umfassender ist. Mindestens 30 Delikte seien im Gegenentwurf enthalten, sagte Widmer-Schlumpf.
Darunter sind sie meisten von den Initianten genannten Delikte (etwa vorsätzliche Tötung, Vergewaltigung, schwere Sexualdelikte) aber auch Geiselnahme, Brandstiftung und Erpressung. Während die Initiative Sozialversicherungsbetrug als Ausweisungsgrund nennt, ist normaler Betrug nicht enthalten.
Der Gegenentwurf geht aber noch weiter.
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf an der Medienkonferenz. /


Eine verurteilte Person soll auch ausgewiesen werden, wenn sie wegen einer anderen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt wurde, oder wenn es sich um einen Wiederholungstäter handelt, der innerhalb von zehn Jahren zu mehreren Freiheits- und Geldstrafen von gesamthaft über 720 Tagen oder Tagessätzen verurteilt wurde.
Konflikte mit Verfassung und Völkerrecht vermeiden
Gemäss groben Schätzungen der Bundesverwaltung werden heute pro Jahr rund 400 Ausländer des Landes verwiesen. Bei Annahme des Gegenvorschlags wären es rund 800. Würde die Initiative angenommen, wären es 1400.
Der Gegenvorschlag bietet laut Widmer-Schlumpf vor allem den Vorteil, dass bei der Umsetzung Konflikte mit der Verfassung und dem Völkerrecht vermieden werden. Verfassungsrechtlich problematisch sei die Absicht der Initianten, dass der Ausweisungsentscheid automatisch erfolgen soll.
Dies stellt das Prinzip der Verhältnismässigkeit in Frage. Anders als die Initiative soll deshalb gemäss Gegenvorschlag auch weiterhin ein Gericht den Einzelfall beurteilen.
Einen weiteren Vorteil des Gegenvorschlags sieht Widmer-Schlumpf darin, dass er die Integrationspolitik in der Verfassung verankern will. Integration sei wichtig, denn sie beuge Kriminalität vor, sagte sie.